DurImplant – Analyse des Implantatverhaltens nach Bioreaktor-Reifung in vitro
Ansprechpartnerin
Telefon
- work
- +49 241 80 47456
- E-Mail schreiben
Hintergrund
Eine verminderte Dauerfestigkeit von Implantaten aufgrund pathologischer Kalzifizierungsneigung ist insbesondere im Bereich avitaler bioprothetischer Herzklappen stark ausgeprägt, wobei in erster Linie die Aortenposition betroffen ist. Grundsätzlich stehen zum Ersatz erkrankter bzw. defekter Herzklappen zwei verschiedene Implantatgruppen zur Verfügung: mechanische Klappen aus Metall (Titan) oder pyrolytischem Kohlenstoff und biologische Herzklappen von menschlichen Spendern (Homografts) oder aus tierischem (avitalem xenogenen) Gewebe (Schweineklappen, Schweine- oder Rinderperikardklappen). Mechanische Klappenprothesen weisen zwar in der Regel eine lebenslange Haltbarkeit auf, zeigen keine Kalzifizierung, neigen aber aufgrund der gerinnungsaktivierenden Fremdmaterialoberfläche leichter zu Thrombenbildung als biologische Klappen, weshalb es einer lebenslangen Antikoagulation der Patienten bedarf. Nach avitalem bioprothetischem Klappenersatz ist hingegen nur eine max. dreimonatige Antikoagulation erforderlich, allerdings stellt hier die progressive Alterung bis hin zum Versagen der Klappe, aufgrund verkalkungsbedingter Versteifung der Klappensegel nach etwa 10 – 12 Jahren, ein gravierendes Problem dar. Als Ursache für dieses Phänomen werden sowohl mechanische, chemische als auch biologische Prozesse verantwortlich gemacht.
Jahrzehntelange Forschung auf diesem Gebiet hat zwar zu diversen Erklärungsansätzen bzgl. des Prozesses und Lösungsansätzen zur Klappenkonditionierung geführt, jedoch bisher noch keine standardisierten und nachhaltig wirksamen Präventions- oder Therapiemaßnahmen hervorgebracht. Die Erklärungsansätze und Einflussfaktoren werden nach wie vor kontrovers diskutiert, wie z. B. die Frage, ob es sich bei dem initialen Kristallisationsprozess um eine rein physikalisch-chemische Ausfällung aus metastabiler Lösung (Blut) mit evtl. nachfolgender Zell- und Proteinbeteiligung handelt, oder ob die Kristallisationskeimbildung selbst schon zellulär gesteuert ist. Im gesunden Organismus wird ein ausgewogenes Verhältnis von Kalzifikationsinduktoren und Inhibitoren angenommen, so dass eine Mineralisation am unerwünschten Ort verhindert wird. Als Ursache für das pathologische Auftreten von Verkalkungen wird eine Störung des Inhibitionsmechanismus verantwortlich gemacht. Es ist wahrscheinlich, dass das Zusammenspiel einer Reihe von Effekten für die pathologische Kristallisation verantwortlich ist, von rein physikalisch-chemischen Prozessen über biologisch induzierte Keimbildung bis hin zur zellulär kontrollierten Calciumphosphatabscheidung.
Genau an diesem Punkt formuliert das übergeordnete Vorhaben PAK 961, welches sich mit der Erstellung eines Reifungsmodells für biohybride Implantate beschäftigt, die Hypothese, dass biohybride Herzklappenprothesen mit einem vitalen, funktionell-aktiven Endothel eine natürliche Barriere für die Kalzifizierung darstellen. Dem steht die Annahme zur Seite, dass gerade die Glutaraldehydfixierung der avitalen bioprothetischen Standardklappen deren dauerhafte Re-Endothelialisierung verhindert und dadurch die Kalzifikation begünstigt. Weitere relevante Faktoren sowohl mechanischer als auch biologischer Natur stellen die mechanische Belastung, die Oberflächenbeanspruchung und –struktur des Klappenmaterials, sowie die körpereigenen, oft anamnetischen Entzündungsprozesse dar.
Projektziel
Das Projekt DurImplant beschäftigt sich mit der Entwicklung einer in vitro Testmethodik zur Untersuchung der Dauerfestigkeit biohybrider Implantate mit Schwerpunkt auf der Kalzifizierungsneigung als entscheidend limitierendem Faktor der Implantatlebensdauer und –funktion. Hierzu soll eine möglichst realitätsnahe in vitro Testumgebung geschaffen werden. Zur Testung avitaler bioprothetischer Herzklappen existiert am Institut bereits ein dynamischer Dauertester, welcher auf rein mechanischer und physikalisch-chemischer Basis arbeitet. Für zellularisiertes Material bietet er damit jedoch weder aus physiologischer noch zytotoxikologischer Sicht eine geeignete Testumgebung. Dieser Aspekt soll durch die Entwicklung eines biohybrid-kompatiblen Testsystems unter Berücksichtigung wichtiger Parameter, wie Zellkompatibilität des verwendeten Testfluids bei gleichzeitigem Vorhandensein eines gewissen Kalzifizierungspotentials, physiologische pH-, Temperatur- und Strömungsbedingungen sowie online Detektion der Entstehung und Progression von Verkalkungen adressiert werden. Darüber hinaus sind viele individuelle Einflussfaktoren, deren Rolle in der Kalzifizierung bis heute nicht vollständig geklärt ist, in die Betrachtungen einzubeziehen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Blut-, Entzündungs-, Material- und Oberflächenparameter, Kalzifikations-Induktoren und -Inhibitoren und nicht zuletzt die Zellbeteiligung.
Methodik
Die oben genannten Faktoren sollen zunächst in einem miniaturisierten Flusskammersystem an Materialpatches erforscht werden. Die Vorteile eines miniaturisierten Systems für Forschungszwecke bestehen i) in einer besseren Flexibilität in der Analyse varianter Fluide und Fluid-Substrat-Kombinationen, so dass einzelne Kalzifizierungsparameter separat untersucht werden können, ii) einer gleichbleibenden Zusammensetzung des Fluids in der Testkammer durch ein offenes Flusssystem (Einmalpassage) und iii) der Möglichkeit des Parallelbetriebs mehrerer Flusskammern mit mikroskopischer Onlineverfolgung des Kalzifikationsprozesses. Vergleichbar geringe Substratmengen(-größen) erlauben die Testung verschiedener Materialien mit und ohne lebende Zellen. Dazu wird eigens eine entsprechende Flusskammer am CVE entwickelt und aufgebaut. Im Rahmen der Testung und Detektion kommen das am Institut für Zell- und Molekularbiologie an Grenzflächen ( ZMG) entwickelte Fetuin-A-basierte Imaging, inflammatorische Reporter-Zellassays sowie (patho)-biomimetische Fluide mit hochmolekularen Mineralvorläufern zur Anwendung. Der Einfluss von Oberflächenstrukturen und –anomalien auf die Kalzifizierungsneigung biohybrider Konstrukte soll via optischer Kohärenztomographie der Ausgangsmaterialien und Abgleich mit den nach Testung auftretenden Kalzifikationsmustern untersucht werden.
Förderer | Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 403041552 |
---|
Teilprojekt P5 des PAK 961: DFG Paketantrag "Auf dem Weg zu einer modellbasierten Regelung der biohybriden Implantatreifung" |
---|